Schulsenator Ties Rabe hat fünf Wochen nach Schulstart eine Zwischenbilanz zum Unterricht unter Corona-Bedingungen gezogen: „Kinder und Jugendliche lernen in der Schule deutlich besser als zu Hause. Sie brauchen die Anleitung und Motivation durch Lehrkräfte, sie brauchen ihre Klassenkameraden und ihre Freunde, und sie brauchen die gut ausgestatteten Arbeitsplätze, Lernmöglichkeiten und Betreuungsangebote in den Schulen. Nach fünf Wochen zeigen die bislang geringen gesundheitlichen Risiken des Schulbetriebes, dass die Öffnung der Schulen richtig war. In allen bislang bekannten Fällen haben sich die infizierten Schülerinnen und Schüler sowie Schulbeschäftigten nicht in der Schule infiziert. Abweichend davon gibt es jetzt allerdings in der Heinrich-Hertz-Schule in Winterhude eine ungewöhnliche Häufung von Infektionen. Erstmals ist hier davon auszugehen, dass sich ein Teil der hier bislang entdeckten 26 infizierten Schüler und drei infizierten Schulbeschäftigten abweichend von allen anderen Schulen auch innerhalb der Schule angesteckt haben könnten. Aufgrund der hohen Anzahl von Infektionen an dieser Schule wird die Maskenpflicht an der Heinrich-Hertz-Schule für eine Woche auch auf den Unterricht ausgedehnt, bis das Infektionsgeschehen aufgeklärt werden konnte. Ich bin froh, dass die Gesundheitsämter hier wie in allen anderen Verdachtsfällen besonders konsequent und umsichtig vorgehen und aus Sicherheitsgründen in den betroffenen Klassen sehr häufig testen. Genauso umsichtig und konsequent informieren die Schulleitungen die Eltern und die Schulgemeinschaften bei Infektionen.“
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Das Gesundheitsamt testet an der Heinrich-Hertz-Schule zurzeit vorbeugend alle knapp 200 Schulbeschäftigten sowie alle Schülerinnen und Schüler der 6. und 8. Klassen, insgesamt knapp 400 Schülerinnen und Schüler in 15 Klassen. Bislang wurden 26 infizierte Schüler und drei infizierte Schulbeschäftigte entdeckt. Da noch nicht alle Tests ausgewertet wurden, sind weitere Fälle zu erwarten.
Für diese in Hamburg noch nie dagewesene Häufung von Fällen an einer Schule gibt es offensichtlich mehrere Ursachen. So haben sich gleich mehrere Schüler unabhängig voneinander zu Hause in ihren Familien infiziert und das Virus in die Schule getragen. Darunter waren wohl einige Kinder, die trotz eindeutiger Symptome nicht zu Hause geblieben sind, andere dagegen hatten trotz der Infektion keine Symptome. In der Schule selbst ist die Krankheit vermutlich aber ebenfalls auf weitere Personen übertragen worden. Der Umfang der häuslichen und der schulischen Infektionen wird zurzeit ermittelt. Auch die möglichen Ursachen der Übertragungen innerhalb der Schule werden in diesem Zusammenhang erforscht. Bislang wurden an einzelnen Hamburger Schulen zwar immer wieder infizierte Schüler oder Lehrkräfte entdeckt, anders als in der Heinrich-Hertz-Schule kam es aber dabei niemals zu Übertragungen innerhalb der Schule.
Die Dimension der Infektionen an der Heinrich-Hertz-Schule wird auch darin deutlich, dass aktuell an allen anderen Hamburger Schulen nur 27 der 256.000 Hamburger Schülerinnen und Schüler (0,01 Prozent) und einer der rund 24.000 Schulbeschäftigten (0,004 Prozent) mit Corona infiziert und in häuslicher Quarantäne sind. Zur Vorsicht befinden sich an allen anderen Schulen 14 der insgesamt rund 9.500 Schulklassen sowie 24 weitere Schulbeschäftigte in vorbeugender Quarantäne. Weitere 81 Schülerinnen und Schüler sowie acht Schulbeschäftigte waren seit Ende der Sommerferien in den vergangenen Wochen mit Corona infiziert, sind aber mittlerweile wieder gesund. Die Erkrankungen der insgesamt 280.000 Schüler und Schulbeschäftigten machen damit nur rund zehn Prozent der im gleichen Zeitraum in Hamburg gemeldeten 1.192 Fälle aus, obwohl ihr Anteil an der Bevölkerung bei rund 15,5 Prozent liegt.
Besonders bemerkenswert ist, dass sich anders als in der Heinrich-Hertz-Schule alle Infizierten an den anderen Schulen ausschließlich außerhalb und nicht innerhalb der Schulen angesteckt haben. Das zeigen die bisherigen Reihentests in zahlreichen Klassen. Obwohl in diesen Klassen infizierte Schüler Seite an Seite mit ihren Mitschülern gelernt hatten, wurde bei allen Tests bislang kein einziges weiteres Kind entdeckt, das sich in der Schule infiziert hatte.
Größere Infektionen traten bisher in zwei Schulen auf, der Stadtteilschule Wilhelmsburg und der Heinrich-Hertz-Schule in Winterhude. Während die Infektionen in der Stadtteilschule Wilhelmsburg mittlerweile aufgeklärt sind und ausschließlich auf Infektionen außerhalb der Schule zurückgeführt werden konnten, dauert die Aufklärung an der Heinrich-Hertz-Schule noch an.
Schulsenator Ties Rabe: „Unsere Corona-Politik zielt in allen Lebensbereichen darauf ab, Risiken und Chancen abzuwägen und in einen vernünftigen Einklang zu bringen. Würden wir ausschließlich an den Infektionsschutz denken und keine anderen Bedürfnisse gelten lassen, dann müssten wir auch jede Feier, jede Reise, jede Sportveranstaltung, den Dom und jeden weiteren Kontakt zwischen den Menschen konsequent verbieten, denn dabei infizieren sich nachweislich viele Menschen. Mit der Schulöffnung unter besonderen Hygieneregeln geht es uns ebenfalls um eine kluge Balance zwischen einerseits dem Infektionsschutz und andererseits dem Recht von Kindern und Jugendlichen auf eine unbeschwerte Kindheit und Jugend, auf Förderung und Entfaltung ihrer Talente und Fähigkeiten, ihrem Recht auf soziale Kontakte, soziales Lernen und vor allem ihrem Recht auf gute Bildung. Im Vergleich zu den vielen anderen zulässigen öffentlichen Angeboten wie Reisen, Feiern, Sport, Einkaufen oder Restaurantbesuchen ist der Besuch einer Schule sogar sehr sicher.“
Rabe weiter: „Unsere Corona-Politik für die Schule und alle anderen Lebensbereiche richten wir auf das aktuelle Infektionsgeschehen aus. Verändert sich das Infektionsgeschehen, werden wir die jetzt geltenden Hygienemaßnahmen anpassen. Im Einklang mit einem derzeit in der Kultusministerkonferenz diskutierten Stufenplan würden wir bei steigenden Infektionszahlen Schritt für Schritt die Maskenpflicht ausdehnen: In einer ersten Stufe müssen an den beruflichen Schulen, in einer zweiten Stufen an allen weiterführenden Schulen und in einer dritten Stufe an allen Grundschulen von allen Beteiligten durchgängig Masken getragen werden. In Übereinstimmung mit der Kultusministerkonferenz geben wir keine starren Infektionszahlen für die einzelnen Stufen vor, sondern bewerten insbesondere das Infektionsgeschehen an den Schulen. Es macht wenig Sinn, einen Corona-Ausbruch in einer Werft oder einer Fleischfabrik mit einer Maskenpflicht für alle Grundschüler zu bekämpfen.“
Schulsenator Ties Rabe lobt in diesen Zusammenhang die Schulen sowie die Hamburger Gesundheitsämter: „Ich freue mich sehr darüber, wie engagiert und umsichtig Hamburgs Schulleitungen und Schulgemeinschaften den Schulbetrieb organisieren. Denn es ist wirklich nicht leicht, unter den besonderen Bedingungen von Corona und unter Einhaltung der zahlreichen Hygieneregeln gute Schule sicherzustellen und die vielen Ansprüche aller Beteiligten in Einklang zu bringen. Ich bin auch sehr beruhigt darüber, dass die Gesundheitsämter bei einem an Corona erkrankten Schüler oder Schulbeschäftigten sofort handeln und Reihentests und Quarantänen veranlassen. Auch wenn eine solche Maßnahme für die Schulgemeinschaften und die Öffentlichkeit manchmal aufregend und belastend ist, so ist es richtig, auf Nummer sicher zu gehen. Umgekehrt werden wir ein Schulsystem mit rund 9.500 Klassen nicht schließen, weil täglich drei bis vier Klassen für wenige Tage aus Sicherheit in Quarantäne geschickt werden.“
Die Sorgen in Bezug auf die Belüftung von Unterrichtsräumen haben sich nicht bestätigt. Im Rahmen einer Begehung hat Schulbau Hamburg festgestellt, dass 99,5 Prozent der rund 12.000 Unterrichtsräume gut gelüftet werden können. Lediglich in 68 Unterrichtsräumen (0,5 Prozent) lassen sich die Fenster nicht ausreichend öffnen. Auf den Unterricht in diesen wenigen Räumen können die Schulen aber verzichten, da ausreichend andere Räume für die rund 9.500 Schulklassen zur Verfügung stehen. Dennoch prüft die Schulbehörde jetzt gemeinsam mit Schulbau Hamburg, wie überall die Belüftungssituation sichergestellt werden kann. Die Räume, die bislang nicht ausreichend gelüftet werden können, liegen in 18 der 2.398 Hamburger Schulgebäuden (0,8%).
Um eventuelle Corona bedingte Lernrückstände aufzuarbeiten, haben drei Viertel aller staatlichen Hamburger Schulen bereits im Sommer Lernferien angeboten. Alle Schulen erarbeiten zurzeit schuleigene Förderkonzepte, um parallel zum Unterricht gezielt Lernrückstände aufzuholen. Im Rahmen dieser schuleigenen Förderkonzepte wollen 108 Schulen auch in den Herbstferien vom 5. bis 16. Oktober freiwillige zusätzliche Lernangebote schaffen, darunter sind rund 80 Schulen, die im Sommer keine Lernferien organisieren konnten und das jetzt nachholen.