Der Bundesrat hat am 18. September 2020 ein Gesetz zur Versorgung von Intensiv-Pflegebedürftigen gebilligt, das der Bundestag vor der parlamentarischen Sommerpause am 2. Juli 2020 verabschiedet hatte.
Bessere Versorgung von Intensiv-Pflegebedürftigen
Ziel des Gesetzes ist es, Intensiv-Pflegebedürftige besser zu versorgen, Fehlanreize in der Intensivpflege zu beseitigen und die Selbstbestimmung der Betroffenen zu stärken. Dazu sieht der Bundestagsbeschluss einen neuen Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege im Fünften Buch Sozialgesetzbuch vor.
Strengere Qualitätsvorgaben
Künftig können nur besonders qualifizierte Ärztinnen und Ärzte die außerklinische Intensivpflege anordnen. Die Betreuung zu Hause bleibt weiterhin möglich – allerdings unter strengen Qualitätsvorgaben. Ambulante Pflegedienste sind zur Zusammenarbeit mit Fachärzten verpflichtet. Überprüft wird die Qualität der Versorgung von den Medizinischen Diensten im Auftrag der Krankenkassen durch eine persönliche Begutachtung am Leistungsort.
Damit die Unterbringung in einer stationären Einrichtung nicht aus finanziellen Gründen scheitert, sind Intensiv-Pflegebedürftige dort weitgehend von den Eigenanteilen befreit. Entfällt der Anspruch auf außerklinische Intensivpflege, da sich der Gesundheitszustand gebessert hat, können Krankenkassen diese Kosten als Satzungsleistung übernehmen.
Darüber hinaus erleichtert das Gesetz den Zugang zur geriatrischen Rehabilitation: Verordnen Ärztinnen und Ärzte diese als medizinisch notwendig, dann können Krankenkassen sie nicht mehr ablehnen. Um das Wahlrecht der Versicherten bei der Auswahl der Reha-Einrichtung zu stärken, müssen sie künftig nur noch die Hälfte der Mehrkosten zahlen, wenn sie eine andere als die zugewiesene Einrichtung wählen. Bislang tragen Versicherte die Mehrkosten vollständig. Die Mindestwartezeit für eine erneute Reha von Kindern und Jugendlichen entfällt künftig.
Bezahlung der Pflegekräfte
Verbesserungen gibt es auch bei der Bezahlung der Pflegekräfte in Reha-Einrichtungen: Hierfür entfällt die Grundsummenlohnbindung – damit sind höhere Vergütungen in Einrichtungen möglich. Außerdem gelten tarifvertragliche und kirchliche Arbeitsrechtsregelungen künftig als wirtschaftlich.
Missbrauch ausschlaggebend für Reform
Ausschlaggebend für die Reform der Intensivpflege waren nach Angaben der Bundesregierung steigende Patientenzahlen in der außerklinischen Pflege und ein zunehmender Missbrauch – etwa durch dubiose Pflegedienste.
Das Gesetz geht auf einen Entwurf der Bundesregierung zurück, der im Laufe des Bundestagsverfahrens umfangreich verändert wurde.
In einer begleitenden Entschließung greift der Bundesrat die Befürchtungen vieler Menschen mit Behinderung und ihrer Angehörigen auf, ihre Rechte auf Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe könnten eingeschränkt werden – insbesondere bei der Entscheidung über ihren Wohnort. Diese Sorgen seien auch durch die Änderungen im Bundestagsverfahren nicht komplett ausgeräumt worden, mahnen die Länder.
Sie fordern daher die Bundesregierung auf, den Vollzug und die Auswirkungen des neuen Gesetzes in Bezug auf dieses Selbstbestimmungsrecht eng zu begleiten, die Ergebnisse in angemessener Zeit zu veröffentlichen und bei Bedarf gesetzgeberisch zu handeln.
Unterstützung für ambulante Reha
Außerdem bittet der Bundesrat die Bundesregierung, auch Anbieter ambulanter Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen zu unterstützen. Diese hätten aufgrund der Corona-Pandemie ebenso Erlösausfälle wie Krankenhäuser oder stationäre Reha-Einrichtungen, würden aber bisher von keinem Rettungsschirm umfasst. Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Ob und wann sie die darin geäußerten Forderungen aufgreift, liegt in ihrer Entscheidung.