Die Entscheidung des BGH über die Zulässigkeit des Beschlusses des Bundeskartellamts stellt eine Zäsur im Umgang mit global agierenden Internetdiensten dar, die aufgrund ihrer marktbeherrschenden Stellung den Nutzerinnen und Nutzern ihre Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen bislang diktieren können. Ohne eine wirksame Kontrolle über ihre Daten und vor dem Hintergrund des Lock-in-Effekts erkennt der BGH bei Facebook eine kartellrechtlich relevante Ausbeutung der Nutzerinnen und Nutzer.
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Der Facebook-Konzern steht damit künftig als marktbeherrschender Netzwerkbetreiber in der Pflicht, entweder den Nutzerinnen und Nutzern faire Wahlmöglichkeiten mit Blick auf die Verwendung ihrer personenbezogenen Daten einzuräumen, sodass diese über die Personalisierung ihrer Daten selbst entscheiden können oder künftig auf die Daten zu verzichten und diese auch nicht innerhalb des Facebook Konzerns auszutauschen.
Die Entscheidung des BGH stellt zwar zunächst eine Eilfallentscheidung dar. Sie führt jedoch dazu, dass der Beschluss des Bundeskartellamts, Facebook zu verbieten, die Daten ohne weitere Einwilligung der Nutzer weiterzuverarbeiten, wieder durchsetzbar ist. Insoweit ergeben sich erhebliche Auswirkungen für die Datenverarbeitungspraxis des Unternehmens in bisher nicht bekanntem Maße. Zur Umsetzung hat Facebook eine 12-monatige Frist, wobei bereits zuvor ein Umsetzungsplan vorzulegen ist. Letztlich dürften die Datenverarbeitung und der Austausch der Daten zwischen verschiedenen Diensten des Facebook-Konzerns künftig nur auf entsprechenden Einwilligungen basieren, die nicht wie bislang pauschal bei der Nutzung des Dienstes abzugeben sind, sondern separat von den Nutzern eingeholt werden müssen. Die Verweigerung der einzelnen Einwilligung darf nicht dazu führen, dass der Dienst nicht nutzbar ist. Freiwilligkeit und Informiertheit sind dabei Voraussetzung.
Hierzu Johannes Caspar, Hamburgischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit: „Die Entscheidung des BGH markiert einen Wendepunkt: Der Zwang zu einer pauschalen Einwilligung, bei der Nutzer für eine Eintrittskarte an der Tür zum Facebook-Netzwerk ein Buy Out ihrer Daten zu akzeptieren hatten, muss der Vergangenheit angehören. Bislang galt: Marktmacht generiert Datenmacht, die wiederum mehr Marktmacht schafft. Die Entscheidung des BGH weist nun in eine andere Richtung. Facebook wird feststellen müssen, dass die Zeit für dieses Geschäftsmodell ausläuft. Dass dieser Ansatz von Wettbewerbshütern kommt, nicht hingegen von den zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden, wird an diesem Ergebnis nichts ändern. Insgesamt hat die Entscheidung den Grundsatz der Wechselbezüglichkeit zwischen Wettbewerbs- und Datenschutzrecht zum Durchbruch gebracht. Wettbewerbs- und Datenschutzbehörden haben in der Vergangenheit schon erfolgreich zusammengearbeitet. Es ist zu erwarten, dass dies künftig noch intensiviert wird.“