Nachdem die Bevölkerung in Deutschland seit Beginn der Corona-Pandemie vor gut einem Jahr bisher überwiegend hinter den Eindämmungsmaßnahmen stand, zeigt sich nun eine Trendumkehr. In einer repräsentativen Befragung des Hamburg Center for Health Economics der Universität Hamburg ist fast jede oder jeder Zweite mit den Maßnahmen und deren Umsetzung nicht einverstanden. Zudem gaben mehr als 40 Prozent der Menschen an, dass das Corona-Management Einfluss auf ihre Wahlentscheidung nehmen wird. 57 Prozent sprechen sich außerdem dafür aus, die derzeitige Impfpriorisierung fallen zu lassen.
elbeXpress / Haber Merkezi
Die Menschen in Deutschland äußern sich zunehmend kritischer über das aktuelle Corona-Management: 59 Prozent finden die Maßnahmen ineffektiv und 49 Prozent sind hierzulande mit dem Corona-Management in diesem Jahr nicht einverstanden. Damit liegt Deutschland mit Frankreich gleichauf auf dem letzten Platz unter den befragten sieben europäischen Ländern. Gute Werte für ihr Corona-Management bekommen die Regierungen von Großbritannien, Dänemark und Portugal von ihrer Bevölkerung.
Befragt nach dem aktuellen Impfmanagement zeigen sich 58 Prozent der Menschen in Deutschland nicht damit einverstanden und fast jeder oder jede Zweite findet die Entscheidung, den Impfstoff zentral über die EU zu bestellen, nicht richtig. Eindeutig für die zentrale Bestellung über die EU sprechen sich hingegen beispielsweise die Menschen in Dänemark und Portugal aus.
Für die Erhebung, die das Hamburg Center for Health Economics (HCHE) der Universität Hamburg rund alle zwei Monate durchführt, werden jeweils mehr als 7.000 Menschen in sieben europäischen Ländern befragt. Die aktuelle Befragung fand vom 2. bis 16. April 2021 statt.
Impfbereitschaft wächst, Biontech bei Impfpräferenz vorn
In fast allen untersuchten europäischen Ländern legte die Impfbereitschaft seit Januar dieses Jahres zu. Zwar nimmt Deutschland vor Frankreich noch immer den vorletzten Platz ein, die Impfbereitschaft stieg jedoch von 62 auf 67 Prozent. „In Deutschland sehen wir eine wachsende Bereitschaft zur Impfung insbesondere bei den 25- bis 34-Jährigen, also denjenigen, bei denen die Inzidenz in den vergangenen Wochen besonders hoch war“, sagt Prof. Dr. Jonas Schreyögg, wissenschaftlicher Direktor des HCHE. In dieser Altersgruppe wuchs die Impfbereitschaft seit Januar von 46 auf 60 Prozent. Jede dritte befragte Person in dieser Altersgruppe gab jedoch auch an, kein Vertrauen in die Sicherheit der Impfstoffe zu haben.
Während in Deutschland noch fast die Hälfte der Bevölkerung im Januar keine Präferenz für einen Impfstoff hatte, liegt dieser Wert aktuell nur noch bei 26 Prozent. 50 Prozent der Menschen wünschen sich hierzulande eine Impfung mit Biontech/Pfizer, auf Platz zwei liegt mit nur sieben Prozent der Impfstoff von Johnson & Johnson. 29 Prozent lehnen eine Impfung mit AstraZeneca explizit ab. Dagegen haben nur 16 beziehungsweise 15 Prozent der Befragten in Deutschland Vorbehalte gegenüber dem russischen Impfstoff Sputnik V und dem Vakzin des chinesischen Herstellers Sinopharm.
Die Mehrheit der europäischen Befragten (55 Prozent) wünscht sich für Geimpfte mehr Freiheiten und begrüßt daher die Einführung eines europäischen Impfpasses. Rund die Hälfte der Menschen spricht sich zudem für eine Aufhebung der Restriktionen beispielsweise bei Reisen, dem Besuch von Restaurants und kulturellen Angeboten aus. In Deutschland liegen diese Werte bei 45 und 42 Prozent und zeigen damit die geringste Zustimmung unter den befragten Ländern.
Vertrauen in Informationen
Die Menschen in Deutschland sind gegenüber den Informationen ihrer Regierung insgesamt skeptischer geworden. So sank das Vertrauen in die Informationspolitik seit Januar 2021 um acht Prozentpunkte. „Diejenigen, die den Informationen nicht vertrauen, lehnen auch eher eine Impfung ab“, erklärt Jonas Schreyögg. Gleiches gelte für Menschen, die sich nur wenig über die Pandemie informieren. Ihre Bereitschaft für eine Impfung liegt bei nur 38 Prozent im Vergleich zu den gut Informierten mit 79 Prozent. Bei den wenig Informierten äußerte auch fast jeder oder jede Zweite Bedenken gegenüber der Sicherheit der Impfstoffe.
Nur geringe Vertrauensverluste gibt es dagegen für Hausärztinnen und Hausärzte sowie Krankenhäuser. Sie genießen nach wie vor ein hohes Ansehen in der Bevölkerung (86 und 84 Prozent). „Insbesondere das große Vertrauen in die Hausärztinnen und Hausärzte könnte im weiteren Verlauf die Impfbereitschaft in Deutschland erhöhen“, erhofft sich Jonas Schreyögg.