Nach zwölf Wochen Kampagne ist es den Initiatorinnen und Initiatoren der Kampagne „Nein zu Antisemitismus. Ja zur Bornplatzsynagoge“ gelungen, mehr als 100.000 Unterstützerinnen und Unterstützer für den Wiederaufbau der 1938 zerstörten Bornplatzsynagoge zu gewinnen. Zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust gedachten heute Senatorin Katharina Fegebank, Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit, Vertreterinnen und Vertreter der jüdischen Gemeinden sowie der Initiative für den Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge den Opfern nationalsozialistischer Terror- und Gewaltherrschaft am Denkmal Hannoverscher Bahnhof in der Hafencity.
Carola Veit, Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft: „Für die Hamburgische Bürgerschaft ist es wichtig, den Blick auf die Opfer des Nationalsozialismus zu richten und diesen Menschen Namen und Gesichter zu geben. Nur so können wir ihnen – über den Tod hinaus – die Würde zurückgeben, die man ihnen systematisch genommen hat. Wir setzen uns mit der NS-Vergangenheit Hamburgs auseinander und ziehen daraus Lehren für unser heutiges und zukünftiges Handeln. Das ist aktuell wichtiger denn je, wenn man feststellen muss, wie sehr Rassismus und Antisemitismus in unserer Gesellschaft wieder zunehmen. Ich kann jeden Hamburger und jede Hamburgerin nur dazu auffordern, diesen Weg mitzugehen, für Freiheit, für Demokratie und für die Vielfalt unserer Gesellschaft einzustehen.“
Katharina Fegebank, als Senatorin zuständig für jüdisches Leben: „Die Verbrechen des Nationalsozialismus geschahen überall. Hamburg war für mindestens 8.000 Menschen der Startpunkt für eine Reise in den Tod. Vom Hannoverschen Bahnhof rollten die Deportationen unserer Hamburger Mitbürgerinnen und Mitbürger nach Belzec, Minsk, Riga, Lodz, Theresienstadt – und Auschwitz. Der 27. Januar ist weltweit der Tag des Gedenkens an millionenfaches Leid. Und der Tag des Gedenkens an jedes einzelne Opfer des Nationalsozialismus. Der Tag, der nur für wenige die Befreiung bedeutete. Für noch mehr ging das Leiden noch Wochen und Monate weiter. Dieser Tag darf nie vergessen werden. Keines der Opfer darf je vergessen werden. Wir haben eine Verpflichtung, die Erinnerung an die Verbrechen, die im Namen Deutschlands an unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern sowie an Millionen Menschen in ganz Europa verübt worden sind, für nachfolgende Generationen aufrecht zu erhalten.“
Philipp Stricharz, Vorsitzender Jüdische Gemeinde Hamburg: „Dieser Tag erinnert uns alle an die Verbrechen der Nazi-Diktatur und daran, dass die Täter aus der Mitte der Gesellschaft kamen – und auch die Orte der Täter hier bei uns in Hamburg liegen. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe aller Demokratinnen und Demokraten jeden Tag auf das Neue unser Grundgesetz zu verteidigen und sich klar gegen Antisemitismus, Rassismus und jede Form von Menschenfeindlichkeit zu stellen. Dabei darf die nicht-jüdische Mehrheit die Gemeinden in diesem Land nicht alleine lassen. Auch wenn wir heute weltweit der Millionen Opfer gedenken, die im Namen Deutschlands ermordet wurden, stimmt mich die Aussicht auf eine neue jüdische Zukunft im Herzen unserer Stadt hoffnungsvoll wie lange nicht.“
Daniel Sheffer, Initiator der Kampagne „Nein zu Antisemitismus. Ja zur Bornplatzsynagoge“: „Kein Gebäude bekämpft Antisemitismus. Es sind Menschen, die hassen, beleidigen und gewalttätig sind. Und es sind auch Menschen, die verstehen, begreifen und erinnern wollen. Die Bornplatzsynagoge wird ein Ort der Begegnung und des Dialoges, um Unwissenheit und Vorteile abzubauen. ,Nie wieder; ist das Erbe und die Aufgabe an alle Generationen.“
Internationaler Holocaust-Gedenktag
Der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust (International Holocaust Remembrance Day) wird auf Bestreben der UNO weltweit seit 2005, zum 60. Jahrestag der Befreiung des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz, begangen. Bereits 1996 erklärte der damalige Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar zum Gedenktag. Seitdem wird eine Gedenkstunde mit Rednerinnen und Rednern sowie Zeitzeuginnen und -zeugen im Deutschen Bundestag begangen.
denk.mal Hannoverscher Bahnhof
Heute erstreckt sich der Lohsepark vom Helmut-Schmidt-Haus im Norden bis zum Baakenhafen im Süden. Dort stand einst der Hannoversche Bahnhof, der 1872 eingeweiht worden war. Zwischen 1940 und 1945 wurden mehr als 8.000 aus Hamburg und Norddeutschland stammende Jüdinnen und Juden, Sintize und Sinti sowie Romnja und Roma von Hamburg aus, insbesondere über den ehemaligen Hannoverschen Bahnhof, deportiert. Sie kamen in Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager in die deutsch besetzten Gebieten nach Belzec, Lodz, Minsk, Riga, Auschwitz und Theresienstadt. Die meisten von ihnen wurden ermordet.
Wiederaufbau Bornplatzsynagoge
Am 27. November 2020 hat der Haushaltsausschuss des Bundestags Mittel des Bundes in Höhe von 65 Millionen Euro für den Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge reserviert. Die Entscheidung des Bundestages ist ein gutes Signal, das jüdische Leben in Hamburg künftig wieder deutlich sichtbarer und für jede Hamburgerin und jeden Hamburger erfahrbar zu machen. Auch die Hamburgische Bürgerschaft hat 2020 in einem gemeinsamen Beschluss den Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge beschlossen. Eine Machbarkeitsstudie – finanziert durch eine Zuwendung des Bundes in Höhe von 600.000 Euro – soll Antworten auf die wichtigsten Fragen liefern und so eine zeitnahe Umsetzung ermöglichen. Die offenen Fragen betreffen dabei unter anderem die architektonische Gestaltung des Neubaus, die räumliche Situation am Josef-Carlebach-Platz und dem daran angrenzenden Allende-Platz – inklusive des sich dort befindlichen denkmalgeschützten ehemaligen Luftschutzbunkers – wie auch die Frage der Nachnutzung der Synagoge in der Hohen Weide.