Lastenrad statt Lieferwagen – so wollen Rewe, Hermes, UPS und die Deutschen Post die Warenzustellung an Kunden in der Hamburger Altstadt verproben. Noch im Januar geht unter Leitung der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) dafür das erste gemeinsam genutzte Mikrodepot für Warenlogistik in der Burchardstraße in den Betrieb. Das Teilprojekt gehört zum Reallabor Hamburg (RealLabHH), welches auf die Initiative der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität (NPM) der Bundesregierung zurückgeht.
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Ab dem 18. Januar nutzen die vier Unternehmen für Teile ihrer Lieferverkehre das in der Innenstadt neu errichtete Depot der HOCHBAHN. Hier kommen dann jeweils per Lieferwagen die Sendungen der Projektpartner an und werden zwischengelagert, bevor die Feinverteilung zum Kunden mit Lastenrädern der vier Dienstleister erfolgt. Das Ziel: Der innerstädtische Gesamtverkehr soll entlastet und gleichzeitig Emissionen reduziert werden.
Anjes Tjarks, Senator für Verkehr und Mobilitätswende: „Um die ehrgeizigen Hamburger Klimaschutzziele zu erreichen und die Mobilitätswende voranzubringen, brauchen wir den bestmöglichen Mobilitätsmix in der Stadt. Das betrifft auch die Lieferverkehre. Das Projekt des Reallabors verdeutlicht sehr gut, wie moderne Mobilität und Umweltschutz Hand in Hand gehen können. Hamburg wird dadurch zu einem der Vorreiter für den Einsatz von Lastenrädern auf der letzten Meile. Mit dem Lastenrad kommen Pakete und Waren sauber, sicher und leise vom Mikrodepot aus bei den Kundinnen und Kunden an – gleichzeitig werden Staus und Emissionen in den engen Quartieren sowie der Innenstadt spürbar verringert. Damit leistet das Modellprojekt einen wichtigen Beitrag für die Mobilitätswende in Hamburg.“
Neben Entlastungseffekten für Verkehr und Klima sowie der Schaffung einer erstmals anbieterübergreifenden und auch für den Einzelhandel offenen Lösung erhofft sich die HOCHBAHN als Projektleitung perspektivisch auch neue Erkenntnisse zu möglichen Synergieeffekten von Personen- und Warentransport.
Henrik Falk, HOCHBAHN-Vorstandsvorsitzender: „Für uns ergibt sich mit diesem Projekt im RealLabHH ein sehr spannendes und neues Handlungsfeld. Als neutraler Anbieter der Flächen für das Depot bringen wir nicht nur verschiedene Dienstleister zusammen, sondern bauen vor allem Partnerschaften für die urbane Logistik auf. Perspektivisch wollen wir uns anschauen, welche Rolle unsere Infrastruktur hier spielen könnte.“
Für die Partner bedeutet das Mikrodepot eine Möglichkeit die Nachhaltigkeit, aber auch die Effizienz von Lieferverkehren in der Hamburger Altstadt zu steigern. Gerade hier sind Lieferflächen sehr rar, Nutzungskonflikte im Straßenraum wirken sich daher in besonderem Maße aus. Durch die Nutzung von Lastenrädern für die Feinverteilung können diese verringert werden.
Hendrik Schneider, Geschäftsführer Services & Finanzen Hermes Germany GmbH: „Zunächst möchte ich der Stadt Hamburg und der Hochbahn ein großes Lob aussprechen: Die exponierte Lage des Mikrodepots, die damit verbundenen kurzen Wege zu unseren Kund*innen und das an unsere Bedarfe angepasste Gebäude sind aus logistischer Sicht perfekte Voraussetzungen für ein Gelingen des Projekts. Aber auch die Anwohner und Endkund*innen in der Umgebung werden von der Zustellung per Lastenrad begeistert sein. Diese Rückmeldungen bekommen wir immer wieder von unseren zahlreichen Zusteller*innen in ganz Deutschland, die bereits per Cargo-Bike ausliefern.
Daher freuen wir uns, künftig mit vier Lastenrädern knapp 8.500 Sendungen pro Monat emissionsfrei zustellen zu können: Dazu zählt auch der Jungfernstieg. Weiterhin sind die Lärmreduzierung und die Entlastung des Straßenverkehrs zusätzliche Vorteile der Lastenrad-Zustellung.
Das RealLabHH-Projekt passt somit sehr gut in unsere Mobilitätsstrategie und wird wichtige Erkenntnisse im Bereich der alternativen Zustellung per Lastenrad in der Hamburger Innenstadt liefern.“
Neben Hermes und Rewe beteiligen sich auch UPS und die Deutsche Post an der gemeinschaftlichen Nutzung des Umschlagspunktes in der Burchardstraße. Wann immer möglich kommen im Sinne einer klimaschonenden Lieferkette dabei auch emissionsfreie Lieferwagen zum Einsatz.
Frank Sportolari, Präsident UPS Deutschland: „Seit 2012 setzen wir in Hamburg Zustellfahrräder für eine nachhaltige Paketlogistik ein. Unsere Lösung in Hamburg dient als Leuchtturm-Projekt und wir konnten diese Form der Zustellung bereits auf über 30 Städte weltweit übertragen. Eine Herausforderung der Fahrradzustellung ist die Notwendigkeit eines passend gelegenen Mikro-Depots, von dem aus die Zustellungen erfolgen. Ein Projekt, das verschiedene Logistiker bei weiterhin jeweils eigenständigen Operationen zusammenbringt, um eine städtische Fläche möglichst effektiv zu nutzen, kann wegweisend sein und sich zum Vorbild für nachhaltige Logistik entwickeln.“
Stefan Eckelmann, Deutsche Post DHL: „Als größter Paketdienstleister in Deutschland beschäftigen wir uns selbstverständlich mit alternativen Ansätzen für die Zustellung auf der letzten Meile, die den Verkehr entlasten und zur Schonung der Umwelt beitragen können. Grundsätzlich begrüßen wir daher auch Initiativen, die Maßnahmen für noch nachhaltigere Logistik unterstützen. Den Einsatz von Lastenrädern haben wir im Rahmen von Pilotprojekten bereits erprobt, darunter auch in Berlin. Klar ist für uns aber auch: Mit Lastenrädern allein lassen sich die steigenden Sendungsmengen nicht bewältigen. Angesichts des weiterhin stark wachsenden E-Commerce-Marktes setzen wir daher auch in Zukunft auf die weitere Elektrifizierung unserer Fahrzeug-Flotte in der Verbund- und Paketzustellung. Derzeit haben wir bereits über 12.000 Elektro-Fahrzeuge in der Zustellung im Einsatz. Wir setzen darüber hinaus auf eine intelligente Routenplanung, um unnötige Wege zu vermeiden, und verlagern kleinere Paketsendungen schon heute in den Briefstrom, sodass diese Sendungen von unseren Briefzustellern ausgetragen werden, die traditionell zu Fuß oder mit E-Bikes bzw. E-Trikes in ihren Zustellbezirken unterwegs sind.“
Das Projekt des Mikrodepots läuft zunächst bis zum Ende des Jahres. Erste Ergebnisse werden im Rahmen der Gesamtsimulation des RealLabHH zum ITS-Weltkongress im Oktober präsentiert. Auch im Projektverlauf bleibt das Modell des Depots für weitere Partner offen, zum Beispiel aus dem Bereich Einzelhandel, um möglichst große Effekte erreichen zu können. Unterstützt und gefördert wird das Projekt von der Hamburger Behörde für Wirtschaft und Innovation.
Im Reallabor Hamburg (RealLabHH) soll die Mobilität von morgen im Hier und Jetzt einer Metropole erprobt werden und darauf aufbauend eine Blaupause für die digitale Mobilität der Zukunft entstehen. Die geplanten elf Teilprojekte des RealLabHH reichen vom Mobilitätsbudget anstelle eines Dienstwagens über die Schaffung einer anbieterunabhängigen Mobilitätsplattform bis hin zu Lösungen für besonders schutzbedürftige Teilnehmer*innen im Straßenverkehr. Unter der Konsortialführerschaft der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) ist dabei die kontinuierliche und umfassende Einbeziehung der Bürger*innen vorgesehen. Auf dem ITS-Weltkongress 2021 werden die Ergebnisse des RealLabHH präsentiert. Unterstützt vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) ist die Freie und Hansestadt Hamburg Gastgeber des weltweit größten Kongresses für intelligente Verkehrssysteme und Services (ITS), welcher vom 11. bis 15. Oktober 2021 stattfindet. Das Projekt des RealLabHH geht auf die Initiative der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität (NPM) zurück, läuft bis Ende 2021 und wird vom BMVI mit rund 20,5 Millionen Euro gefördert.