Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan fordert nach dem Rauswurf von Zentralbankchef Murat Cetinkaya einen kompletten Umbau der Institution. Die Türkei könnte in ernsthafte Schwierigkeiten geraten, sollte dies nicht geschehen, sagte Erdogan der Zeitung “Habertürk” vom Mittwoch zufolge. Der Staatspräsident hatte am Wochenende den Notenbank-Gouverneur abberufen und durch den bisherigen Vize Murat Uysal ersetzt. Dieser gilt als Befürworter eine lockeren Geldpolitik. Analysten halten es für möglich, dass die Währungshüter nun unter neuer Führung auf ihrem Treffen am 25. Juli eine Zinssenkungsrunde einleiten.
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“Die Zentralbank ist das wichtigste Element in der Finanzsäule der Wirtschaft”, sagte Erdogan. “Wenn wir sie nicht vollständig überarbeiten, wenn wir sie nicht auf ein solides Fundament stellen, dann könnte es geschehen, dass wir mit ernsthaften Problemen leben müssen.” Erdogan hatte wiederholt Druck auf die Notenbank ausgeübt und sie immer wieder ohne Erfolg zu einer Lockerung ihrer Geldpolitik aufgefordert. Der Präsident verlangt niedrigere Zinsen, um die inzwischen in einer Rezession steckende Wirtschaft anzukurbeln. Im ersten Quartal war die Wirtschaftsleistung der Türkei um 2,6 Prozent geschrumpft.
Cetinkaya habe nicht für Vertrauen an den Märkten gesorgt, begründete Erdogan dessen Absetzung. “Seine Kommunikation mit den Märkten war nicht gut.” Für Cetinkayas Beschlüsse sei ein hoher Preis gezahlt worden. Das Ergebnis der Zinssitzungen sei zudem immer unsicher gewesen. Cetinkaya habe auch die Zahl der Zinstreffen auf acht in diesem Jahr gekürzt, nachdem sie zuvor immer monatlich gewesen seien. “Sie haben uns zu diesen Dingen nicht gefragt, sie haben das von sich aus gemacht”, sagte Erdogan.
LANDESWÄHRUNG IM ABWÄRTSSOG
An den Finanzmärkten war die wiederholte Kritik des türkischen Präsidenten an der Zentralbank als Angriff auf deren Unabhängigkeit aufgefasst worden. Dies hatte dazu beigetragen, dass die Landeswährung Lira stark unter Druck geriet. Im vergangenen Jahr hatte sie rund 30 Prozent an Wert eingebüßt. Seit Januar sackte ihr Kurs um weitere rund acht Prozent ab.
Zu dem Kurssturz trugen auch die Unsicherheiten wegen der diplomatischen Spannungen mit den USA bei, die sich weiter zu verschärfen drohen. In diesen Tagen werden die ersten russischen Raketenabwehr-Systeme des Typs S-400 in der Türkei erwartet, die Nato-Mitglied ist. Eine Sprecherin des US-Außenministeriums hatte am Dienstag bekräftigt, die Türkei müsse mit realen und negativen Konsequenzen rechnen. Sollten die USA Sanktionen verhängen, könnte die Landeswährung am Devisenmarkt noch weiter an Wert verlieren. Für türkische Firmen und Banken, die sich in ausländischen Währungen verschuldet haben, würde die bereits stark gestiegene Schuldenlast damit weiter zunehmen, berichtet Börse Online.
Quelle: Börse Online