In der Hauptstadt muss die SPD um den Machterhalt bangen. Noch ist unklar, ob die Sozialdemokraten das Rote Rathaus verteidigen können oder den Grünen Platz machen müssen. Die CDU holt dagegen ein historisch schlechtes Ergebnis. Die AfD stürzt ab.
ELBE EXPRESS/REDAKTION
In der Hauptstadt ist weiter offen, ob es zu einem Regierungswechsel kommt. Allerdings scheint sicher, dass die bisherigen Koalitionäre aus SPD, Grünen und Linke weiterregieren können. Unklar ist allerdings, ob weiterhin die SPD oder aber die Grünen das Bündnis anführen. Die Grünen um Spitzenkandidatin Bettina Jarasch holen laut erster Hochrechnung des RBB 22,9 Prozent. Die SPD mit der früheren Bundesfamilienministerin Franziska Giffey als Teil des Spitzenduos kommt demnach auf 22,3 Prozent. Das ZDF sieht in seiner Hochrechnung dagegen die SPD mit 22,8 Prozent vorn und die Grünen bei 22,2 Prozent.
Die CDU kommt laut ARD-Hochrechnung 15,4 (ZDF: 16,7) Prozent. Die Linke erreicht 13,6 (14,1) Prozent. Die FDP kommt auf 7,6 (7,9) Prozent, und die AfD auf 6,8 (6,6) Prozent. Die Wahlbeteiligung lag wohl bei 72 Prozent.
Damit ist eine Fortsetzung des Dreier-Bündnisses aus SPD, Grünen und Linke möglich – allerdings womöglich nicht länger unter Führung der SPD. Denkbar wäre eine Koalition aus Grünen, SPD und FDP.
Grünen-Spitzenkandidatin Jarasch zeigte sich in einer ersten Reaktion “völlig überwältigt”. Es sei klar, dass es nur Prognosen seien, aber “es sind unglaubliche Prognosen”, sagte sie. “Die Grünen müssen hier Regierungsverantwortung übernehmen”, sagte die 52-Jährige weiter. “Es braucht eine Regierung mit den Grünen in Berlin.” Sie bekräftigte, das Bündnis von SPD, Grünen und Linken fortführen zu wollen, “am liebsten unter grüner Führung”. Der Linken-Spitzenkandidat und bisherige Kultursenator Klaus Lederer sprach sich wie Jarasch für eine Fortführung des Koalitionsbündnisses aus. Er sagte sagte dazu: “Auf uns wird Verlass sein.
CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner wollte sich noch auf keine Bewertung des Ergebnisses festlegen. Doch schon in einer ersten Reaktion beklagte er, dass es “leider nicht den erhofften Rückenwind des Bundes” gegeben jabe. “Das haben wir deutlich gespürt”, sagte er im RBB. Später mühte er sich um mehr Optimismus: “Wir sind angetreten, um Rot-Rot-Grün zu beenden, und ich glaube, die Zahlen können das noch hergeben”, sagte er. Auch die FDP zeigte sich zufrieden und “gesprächsbereit” für einen möglichen Eintritt in eine Koalition. Spitzenkandidat Sebastian Czaja sagte, die Liberalen seien “bereit für einen Politikwechsel”.
Im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren legen die Grünen mehr als sieben Punkte zu. Die SPD bestätigt ihr Ergebnis weitgehend. 2016 hatten die Sozialdemokraten ihr schlechtestes Ergebnis in Berlin seit 1946 geholt. Die CDU setzt ihren Sinkflug fort und markierte wohl ein neues historisches Tief. Die Linke büßt etwas ein, Die FDP legt zu. Die AfD büßt rund die Hälfte ihres Ergebnisses ein. Die Wahlbeteiligung lag damals bei 66,9 Prozent.
Berlin wurde in den vergangenen Jahren von einem rot-rot-grünen Bündnis unter Führung der SPD regiert. Der Wahlkampf war geprägt von den Themen Mieten und Wohnen, Verkehr, Klimaschutz, Bildung und Corona. Wahlberechtigt waren 2,45 Millionen Menschen. Nach den Prognosen wäre eine Fortsetzung dieser Koalition rein rechnerisch möglich. Giffey hatte sich zuletzt aber nicht klar dazu bekannt und die Koalitionsfrage offengelassen. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller war nicht wieder zur Abgeordnetenhauswahl angetreten. Er will als Spitzenkandidat der Berliner SPD in den Bundestag einziehen.
In der Hauptstadt Berlin war es im Tagesverlauf zu teils chaotischen Abläufen bei der Wahl gekommen. Kurz vor offizieller Schließung der Wahllokale haben vielerorts noch Wählerinnen und Wähler Schlange gestanden, um ihr Kreuz zu machen. “Hier stehen noch mindestens 100 Leute. Bei anderen Wahllokalen ist es genau das Gleiche, höre ich von Kollegen”, sagte die Leiterin eines Wahllokals in Pankow. Erst jetzt habe das Lokal wieder Stimmzettel für die Bundestagswahl bekommen, diese seien schon am Nachmittag aus gewesen. Die Wartezeit betrage ungefähr eine Stunde.
Viele Wartende seien wütend, weil sie nicht verstehen könnten, wie es zu wenige Stimmzettel geben könne, sagte die Wahllokalleiterin. “Wir sprechen aber mit den Menschen. Ausfällig ist niemand”, sagte sie. Die Wahl sei ihrer Meinung nach nicht gut vorbereitet gewesen, es seien von Anfang an mehr Stimmzettel nötig gewesen.
In Berlin waren die Wahlberechtigten zur Wahl des Bundestags, des Abgeordnetenhauses und der Bezirksverordnetenversammlungen aufgerufen. Zudem stand ein Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnkonzerne an. Zu Behinderungen in der Hauptstadt kam es zudem durch den Bberlin-Marathon.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/rts/AFP