Fast ein halbes Schuljahr lang waren Hamburgs Schülerinnen und Schüler im letzten Jahr nicht in der Schule. Deshalb erleichtert die Schulbehörde die freiwillige Wiederholung der Jahrgangsstufe und hebt in diesem Schuljahr das so genannte „Verbot des Sitzenbleibens“ auf.
Schulsenator Ties Rabe: „Nach den langen Schulschließungen wird es nicht immer gelingen, dass Schülerinnen und Schüler wieder Anschluss an ihre Lerngruppe finden. Die Rückstände können so groß sein, dass die Klassenwiederholung bessere Möglichkeiten bietet, um Lernrückstände aufzuholen und die Leistungen dauerhaft zu verbessern. Daher sollen freiwillige Klassenwiederholungen im kommenden Schuljahr großzügig zugelassen werden, wenn sie pädagogisch sinnvoll und erforderlich sind.“
Bisher war die Wiederholung einer Jahrgangsstufe nur im Ausnahmefall dann möglich, wenn ein Kind wegen einer besonderen, schwerwiegenden Belastung – beispielsweise der Scheidung der Eltern oder einer monatelangen Krankheit – nicht lernen konnte. In diesem Schuljahr entfällt diese Voraussetzung: Aufgrund der langen Schulschließungen wird grundsätzlich bei jedem Schüler bzw. jeder Schülerin unterstellt, dass sie im letzten Schuljahr eine besondere Belastung hatten. Deshalb dürfen in diesem Jahr die Schulen am Ende des Schuljahrs im Dialog mit den betroffenen Schülerinnen und Schülern eine Klassenwiederholung ermöglichen.
In diesem Schuljahr müssen die Schulen somit lediglich prüfen, ob durch eine Wiederholung eine Schülerin bzw. ein Schüler besser gefördert werden kann als in seiner bisherigen Klasse. Diese Voraussetzungen sind zwar nicht in jeder individuellen Konstellation erfüllt, sie sind aber deutlich häufiger gegeben als bisher. Zudem entfällt die strenge Prüfung durch die Schulbehörde, die in der Vergangenheit oft dazu geführt hat, dass viele Wiederholungsanträge nicht genehmigt wurden. Für den Umgang mit Wiederholungsanträgen gelten in diesem Schuljahr daher folgende Regelungen:
Über Wiederholungsanträge entscheidet die jeweilige Schule allein, der Behördenvorbehalt wird ausgesetzt. Das gilt auch für die Jahrgangsstufe 10.
Entscheidend für die Gestattung der Wiederholung ist nur noch die Frage, ob die Schülerin oder der Schüler in der nachfolgenden Jahrgangsstufe besser gefördert werden kann, als in der Jahrgangsstufe, in die er mit seiner Klassengemeinschaft/Lerngruppe aufsteigt. Diese Einschätzung obliegt der Schule, denn sie kann am besten beurteilen, wie weit sich die Schülerin oder der Schüler vom durchschnittlichen Lernerfolg der Klassengemeinschaft/Lerngruppeentfernt hat und welchen Umfang oder welche Intensität die Fördermaßnamen haben müssten, um den Anschluss an die Klassengemeinschaft wieder herzustellen.
Bei der Entscheidung ist insbesondere zu beachten:
Ist der Förderbedarf der Schülerin oder des Schülers signifikant höher als der der anderen Schülerinnen und Schüler der Lerngruppe?
Droht sich der Abstand zur übrigen Lerngruppe beim Verbleib in der Lerngruppe zu vergrößern oder besteht die Erwartung, dass er bei Normalisierung des Unterrichts verringert werden kann?
Kann die Schule besondere Förderung in allen Fächern anbieten, in denen die Leistungen nur schwach ausreichend oder schlechter sind? Und ist die Mitarbeit in der besonderen Förderung für die Schülerin bzw. den Schüler leistbar oder droht eine Überforderung?
Bei Anträgen auf Wiederholung der Jahrgangsstufe 6: Kann unter Berücksichtigung der langfristigen Lernentwicklung der Schülerin oder des Schülers angenommen werden, dass die Übergangsberechtigung in Jahrgangsstufe 7 des Gymnasiums nach der Wiederholung erreicht wird?
Bei Anträgen auf Wiederholung einer Jahrgangsstufe in der Grundschule: Kann unter Berücksichtigung der bisherigen Lernentwicklung der Schülerin oder des Schülers angenommen werden, dass durch die Wiederholung der Übergang in die weiterführende Schule besser gelingt?
Die Wiederholung einer Jahrgangsstufe in der gymnasialen Oberstufe wird wegen der besonderen Umstände in diesem Schuljahr nicht auf die Verweildauer angerechnet.
Eine verpflichtende Klassenwiederholung gibt es Hamburg seit vielen Jahren nicht mehr. Stattdessen rücken Schülerinnen und Schüler in die nächste Jahrgangsstufe auf bei gleichzeitiger verpflichtender Teilnahme an Kursen der schulischen Lernförderung.
Hamburger Lernferien auch in den Märzferien
Für die kommenden Märzferien bieten Hamburgs Schulen erneut die bereits im Sommer und im Herbst erfolgreich durchgeführten „Hamburger Lernferien“ an. In den Lernferien werden kostenlose Lernkurse zur freiwilligen Teilnahme angeboten, damit Schülerinnen und Schüler Lernrückstände aus der Zeit der Schulschließungen aufholen können. Diese Angebote waren in den Sommer- und Herbstferien von vielen Tausend Schülerinnen und Schülern wahrgenommen.
Die Gruppengröße der einzelnen Kurse liegt bei rund zehn Schülerinnen und Schülern, die täglich drei Schulstunden lang gemeinsam lernen. Die Kurse werden von Honorarkräften, Lehrkräften oder Erziehern bzw. Sozialpädagogen geleitet. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Pädagoginnen und Pädagogen der Schule, die die Kinder gut kennen. Im Sommer hat die Volkshochschule einen Pool an möglichen Kursleitungen aufgebaut, auf den die Schulen nun gegebenenfalls zugreifen können.
Die Angebote der Hamburger Lernferien berücksichtigen den Hamburger Bildungsplan und bieten Materialen und Informationen, die das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) erarbeitet hat. Dabei wird die Förderung der sprachlichen und mathematischen Kompetenzen in einem motivierenden und abwechslungsreichen Lernsetting geboten. Aber auch der kreativ-kulturelle Teil kommt nicht zu kurz und wird durch Tipps und Angebote ergänzt.