Die bisherigen Entscheidungen und Empfehlungen von Politik und Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden von den Bürgerinnen und Bürgern in den sieben europäischen Ländern mehrheitlich unterstützt. Sorgen bestehen vor allem vor einer Überlastung des Gesundheitssystems und den wirtschaftlichen Aussichten, besonders für kleine Geschäfte. Beim Einsatz von Tracking-Apps sind die Deutschen deutlich zurückhaltender als andere.
Elbe Express / Haber Merkezi
Was denken die Menschen in Europa über die Maßnahmen infolge der Corona-Pandemie wie Schulschließungen, Verbote öffentlicher Versammlungen, Grenzschließungen oder Geldstrafen für Quarantäneverstöße? Dazu wurden unter der Leitung des Hamburg Center for Health Economics (HCHE) der Universität Hamburg Anfang April mehr als 7.500 repräsentativ ausgewählte Personen in Deutschland, Dänemark, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Portugal und dem Vereinigten Königreich befragt. Die Universität Hamburg fördert das Projekt aus Mitteln der Exzellenzstrategie.
„Grundsätzlich zeigt sich in Europa ein einheitliches Bild mit einer breiten Unterstützung der Bevölkerung für die bereits getroffenen politischen Maßnahmen“, sagt Prof. Dr. Jonas Schreyögg, wissenschaftlicher Direktor des HCHE und einer der Autoren der Studie. Mehr als 60 Prozent der befragten Personen finden die getroffenen Entscheidungen richtig, nur 16 Prozent lehnen diese ab. Besonders hohe Zustimmungswerte gibt es beispielsweise zu den Beschlüssen, öffentliche Veranstaltungen nicht stattfinden zu lassen (mehr als 80 Prozent) sowie Grenzen (mehr als 80 Prozent) und Schulen zu schließen (80 Prozent).
„Interessante Ergebnisse fanden wir bei zwei in den Medien besonders intensiv diskutierten Maßnahmen: zum einen beim Exportverbot für medizinische Geräte, zum anderen bei der Nutzung mobiler Daten“, so Schreyögg. Insbesondere die Befragten in Großbritannien, Frankreich und Italien sprechen sich mehrheitlich für ein Exportverbot für medizinische Ausstattung wie zum Beispiel Mund-Nasen-Masken aus. Etwas geringer ist die explizite Zustimmung (zwischen 40 und 50 Prozent) in Portugal, Deutschland und den Niederlanden. In Dänemark wünscht nur jede dritte Person ausdrücklich ein Ausfuhrverbot.
Mit dem Einsatz von Tracking-Apps und der damit verbundenen Auswertung mobiler Daten zur Identifizierung von Kontaktpersonen von Infizierten ist in Deutschland nur die Hälfte der Befragten einverstanden. Dies ist der geringste Wert im Ländervergleich. In Italien sind 85 Prozent der Befragten grundsätzlich dafür; der höchste Wert unter den europäischen Ländern, gefolgt von Portugal und Großbritannien.
Europaweit machen sich die Menschen vor allem Sorgen über eine Überlastung des Gesundheitssystems. An zweiter Stelle stehen die wirtschaftlichen Auswirkungen, insbesondere für kleine Unternehmen, und eine mögliche Rezession. Die Angst, selbst arbeitslos zu werden, ist in Italien und Portugal am größten, in Deutschland mit am geringsten. In allen Ländern beschäftigt die Befragten, wie sich die Menschen durch die Pandemie möglicherweise verändern: Die Sorge, dass die Gesellschaft egoistischer wird, zeigt sich in allen Alterskategorien und bei allen Geschlechtern.
Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse sind Teil einer dreistufigen Befragung. Zwei weitere Untersuchungen werden in vier und acht Wochen folgen. Ziel ist es, herauszufinden, welche Einstellung die Bevölkerung in den untersuchten Ländern zu den getroffenen Maßnahmen und den mit COVID-19 verbundenen Risiken hat und wie sich diese über die Zeit – auch durch die Einführung oder Aufhebung von Maßnahmen – verändern.
Die Befragung erfolgt als Kooperationsprojekt der Universitäten Nova School of Business and Economics (Portugal), Bocconi University (Italien), Erasmus University Rotterdam (Niederlande) und des Hamburg Center for Health Economics der Universität Hamburg.
Eine Darstellung der ersten Ergebnisse des Projektes ist auf der Webseite des HCHE zu finden.