Sie ist Unternehmerin, Schriftstellerin, Bloggerin, Tierschützerin und Wohltäterin. Esma Arslan, die mit 11 Jahren nach Deutschland kam, jung verheiratet wurde und alleinerziehende Mutter von 2 Kindern ist, hat eine bewegte Lebensgeschichte. Ihr Studium der Sozialpädagogik musste sie abbrechen, um für ihre Kinder zu sorgen. 1998 macht sie sich mit ihrem Pflegedienst selbständig und entdeckte ihre Liebe zur Literatur wieder. Sie organisiert Benefizabende für ihr Tierheim in der Türkei und hat mittlerweile 4 Bücher auf Türkisch veröffentlicht.
Wir haben Sie getroffen und mit ihr über eine beeindruckende Lebensgeschichte gesprochen.
Elbe Express / Haber Merkezi
Bilder: Elbe Express
Fr. Arslan wie kam es dazu, sich selbständig zu machen?
Da ich mein Studium nicht abgeschlossen hatte, musste ich gucken, wie ich meinen Lebensunterhalt mit 2 Kindern finanzieren kann. Mein Ex-Mann hat keinen Unterhalt gezahlt. Durch Kürzung in der Kinder- und Jugendarbeit, wurden meine Arbeitszeiten reduziert. Ich war gezwungen mir etwas anderes zu suchen. Ich habe dann eine Weile im Pflegedienst gearbeitet und habe mich danach selbständig gemacht.
Hatten Sie Schwierigkeiten als (türkischstämmige) Unternehmerin ernst genommen zu werden?
Nein. Eigentlich nicht.
Haben Sie Schwierigkeiten, Personal zu finden?
Ja. Wir sind zwar gut aufgestellt, aber ich musste in letzter Zeit auch Patienten ablehnen, um unseren bestehenden Stamm vor Infektionsgefahr zu schützen. Ich möchte nicht, dass die Qualität und Standard der Pflege sinken. Deshalb lege ich sehr viel Wert darauf, dass wir nur so viele Patienten haben, die wir auch gut und gerecht pflegen können.
Was glauben Sie, woran liegt das, dass es in diesem Bereich Pflege es Personal mangelt?
Es hat viele verschiedene Gründe: Aus Erfahrung kann ich sagen, dass gerade Personen, die im Pflegebereich tätig sind, weniger sich mit den Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten beschäftigen. Man braucht nach meiner Meinung eine fortlaufende zusätzliche Qualifikation, die nie aufhören darf.
Die gut Qualifizierten wiederum bilden sich weiter bis zum Medizinstudium weiter, weil der Beruf noch viel attraktiver ist als die Pflege. Dadurch entstehen die Engpässe.
Ein weiterer Aspekt ist, dass der Beruf an sich sehr hart ist. Es ist eine seelische und körperliche Belastung. Aber ich habe auch erlebt, dass Pflegepersonal auswandert, weil die Bezahlung beispielsweise in der Schweiz deutlich besser ist, als in Deutschland. Der Beruf muss attraktiver und interessanter gemacht werden.
Bilden Sie auch aus?
Ja. Krankenpfleger, Krankenschwester, GPA, Bürokaufmann/-frau im Gesundheitswesen.
Was würden Sie jungen Frauen und Mädchen auf den Weg geben?
Das Leben ist nicht so einfach wie es aussieht. Als Frau, als auch Mutter egal wo man lebt, einen Beruf zu erlernen sollte eine Lebenspflicht sein. Um stark zu sein und auf eigenen Füßen stehen zu können, muss man einen Beruf lernen oder ein Studium abschließen. Damit ist man wirtschaftlich und aber auch geistig in der Lage unabhängig Entscheidungen zu treffen, lebenswichtige Beschlüsse selbst zu treffen.
Sie betreiben in der Türkei ein Tierheim. Wie kam es dazu?
Meine Eltern haben viel Wert auf Tierliebe gelegt. Als Kind hatte ich einen Hund und mein Vater hat sich um ihn gekümmert. Immer wenn ich im Ausland war, habe ich geholfen, wo es nötig war. In erster Linie finanzieller Art. 2016 habe ich dann selber ein Tierheim übernommen. Zurzeit befinden sich dort ca 400 Hunde, die versorge. In Heim befindet sich ein Mitarbeiter und ein Arzt.
Bei so viel Arbeit und Engagement, woher finden Sie noch die Zeit zu schreiben?
Ich glaube, wer liest, schreibt auch gerne. Ich habe als Kind schon angefangen zu schreiben. Durch meinen persönlichen und familiären Werdegang, kam ich lange Zeit nicht dazu. 2012 habe ich wieder angefangen. In unserem Verein hier in Hamburg Bergedorf gab es einen Literaturkreis. Dort habe ich bei einem Schönschreibkurs gelernt Kurzgeschichten zu schreiben.
Ich habe 12 Kurzgeschichten geschrieben. Ich hatte die Sachen an einen Verlag in der Türkei eingereicht und 2012 wurde das erste Buch veröffentlicht. Die erste Kurzgeschichte handelt von der Türkei und Hamburg.
Über was handeln denn die Geschichten?
Ich habe gelernt, dass man einen Anhaltspunkt haben muss. Daher habe ich in den ersten Geschichten Erfahrungen aus dem Leben mit eingebaut. Die Gastarbeiter finden sich in den ersten Geschichten wieder.
Mein zweites Buch handelt über den Militärputsch in der Türkei und eine junge Frau, die nach Deutschland flüchtet.
Mein drittes Buch sind wieder Kurzgeschichten.
Mein viertes Buch ist ein Gedichtband.
Werden die Bücher übersetzt?
Meine Tochter übersetzt das erste Buch zurzeit und dann werden wir es beim Verlag einreichen.
Wie hat sich dieser persönlichen und Werdegang auf ihre Kinder ausgewirkt?
Ich habe meine Kinder nicht vernachlässigt. Meine Töchter sind sehr glücklich. Ich glaube, bisschen stolz sie sind auch.
Worüber bloggen Sie?
Ich blogge über die Wahrheit. Über Dinge, die sich andere nicht trauen auszusprechen, aber viel auch Frauenrechte, Umwelt und Tierschutz. Ich halte es für sehr wichtig, seine Meinung zu sagen und nicht alles hinzunehmen. Aber auch über alltägliches aus Hamburg, Deutschland und der Türkei.
Was glauben Sie, welches Thema müsste in der türkischen Community mehr in den Fokus rücken?
Tierschutz. Ich glaube, dass die Sensibilisierung noch nicht weit fortgeschritten ist. Ich habe 2017 einen Tierschutzverein „Hamburger Internationale Tierschutz in Not“ gegründet. Unser Ziel ist es, die Sensibilisierung gerade in der türkischen Community zu stärken.
Das Thema Gewalt gegen Frauen ist für mich sehr wichtig. Das ist kein ethnisches Problem. Das gibt es auch in sehr vielen deutschen Familien. Da muss man schon im Kindesalter sensibilisieren. Die Gesellschaft reagiert nur darauf, wenn etwas passiert. Da müssen wir präventiv viel mehr tun.