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Cumartesi, Nisan 20, 2024

Verfassungsschutz: Extremistische Verschwörungsideologen neu im Fokus

Hamburgs Innensenator Andy Grote und der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, Torsten Voß, haben heute den aktuellen Verfassungsschutzbericht vorgestellt.

elbeXpress / Haber Merkezi

Innensenator Andy Grote: „Die rechtsextremistischen Bestrebungen in der AfD sind 2020 sichtbarer geworden. Aktuell hat unser Verfassungsschutz rund 40 Anhänger der extremistischen AfD-Teilstruktur „Flügel“ in Hamburg festgestellt. Auch wenn der Hamburger AfD-Landesverband aktuell kein Beobachtungsobjekt ist – unser Verfassungsschutz wird auch künftig genau hinsehen, ob und inwiefern Extremisten Einfluss bekommen und Verbindungen zu weiteren Extremisten bestehen.

Die beispiellosen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie fördern zurzeit die Entstehung eines neuartigen Extremismus sui generis. Radikale, verfassungsfeindliche Verschwörungsideologen könnten eine ernsthafte Herausforderung für unsere Demokratie werden. Hierbei ist eines wichtig: Kritische Haltungen gegenüber Corona-Maßnahmen oder gegenüber Regierungspolitik sind kein Thema für den Verfassungsschutz, sie sind von der Meinungsfreiheit umfasst und damit Teil der Verfassungsordnung, die wir schützen. Es geht vielmehr um radikale verschwörungsideologische Gruppierungen, die demokratisch gewählte Regierungen oder Abgeordnete insgesamt ablehnen und aggressiv bekämpfen.“

Rechtsextremistische AfD-Teilstruktur „Der Flügel“

2020 wurden in Hamburg 380 Personen der rechtsextremistischen Szene zugerechnet (2019: 330). Diese Zunahme ist insbesondere auf den rechtsextremistischen „Flügel“ mit rund 40 Personen zurückzuführen. Bei der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) Rechts gab es eine Steigerung auf 544 Taten (2019: 453). Die Zahl der darin enthaltenen rechtsextremistischen Straftaten wuchs 2020 auf 411 Fälle (2019: 304). Die über die einzelnen Taten und die festgestellten Tatverdächtigen vorliegenden Erkenntnisse zeigen, dass der Anstieg der rechtsextremistischen Gewaltkriminalität in Hamburg 2020 um neun auf 34 Taten nicht auf rechtsextremistische Strukturen zurückgeht, sondern vor allem Ausdruck individueller Hassmotive ist. Naheliegend ist, dass die zunehmende Verbreitung rechtsextremistischer Narrative im politischen Diskurs solche Motive verstärkt und ihre Umsetzung in konkrete Straftaten begünstigt. Auffällig ist die in fast allen Fällen zu verzeichnende situative Tatbegehung.

Extremistische Verschwörungsideologen neu im Fokus

Bei zwei Hamburger Gruppierungen haben sich seit Ende 2020 tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen verdichtet. Der Verfassungsschutz hat festgestellt, dass sich diese Gruppierungen sowohl in ihrer Wortwahl als auch in Form gestiegener Eskalationsbereitschaft gegenüber Einsatzkräften radikalisieren. Es wird ausdrücklich zu einem Widerstand gegen den demokratischen Rechtsstaat aufgerufen, der über friedlichen Protest hinausgeht. Die Selbstinszenierung als vermeintlich verfolgte Aktivisten wird in Teilen immer wieder auch mit antisemitistischen Narrativen betrieben. Daher wird der Verfassungsschutz diese Gruppierungen als Verdachtsfälle bearbeiten.

74 Prozent der Hamburger Linksextremisten sind gewaltorientiert / Bundesweit Annäherung an die Schwelle zum Linksterrorismus

Von den 1.270 Personen der linksextremistischen Szene in Hamburg (2019: 1.290) gelten 74 Prozent als gewaltorientiert (940 Personen, wie 2019), darunter vor allem Autonome, Antiimperialisten und Anarchisten. Die Zahl der in Hamburg insgesamt erfassten Straftaten im Rahmen der PMK Links lag mit 706 Taten auf einem deutlich höheren Niveau (2019: 493). Darin enthalten sind 229 linksextremistische Straftaten (2019: 66), davon 162 linksextremistische Gewaltdelikte (2019: 15). Zahlreiche Straftaten erfolgten im Zusammenhang des Prozesses der sogenannten „Drei von der Parkbank“. Mit den Umständen zahlreicher Taten in ganz Deutschland, insbesondere auch mit Blick nach Leipzig, Berlin und Hessen, vor allem mit der Art und Weise der Tatbegehung, der Gefährdung von Leib und Leben auch Unbeteiligter sowie dem Duktus bestimmter Selbstbezichtigungen wurde bundesweit eine neue Eskalationsstufe der Radikalisierung in der linksextremistischen Szene erreicht. Die Verfassungsschutzbehörden werden diese Entwicklung mit Blick auf die Annäherung an die Schwelle zum Linksterrorismus genau im Fokus behalten.

Gruppierungen wie die gewaltorientierte „Interventionistische Linke Hamburg“ versuchen gezielt, gesellschaftlich breit akzeptierte und diskutierte Themen zu instrumentalisieren und Bündnisse mit demokratisch Engagierten zu schließen, um ihre antidemokratische Ideologie in die demokratische Mitte der Gesellschaft zu tragen.

Anzahl gewaltorientierter Islamisten steigt

Die Beobachtung und Bekämpfung des Islamismus bleibt eine der wichtigsten und herausforderndsten Aufgaben des Verfassungsschutzes. Die Gesamtzahl der Islamisten ist auf 1.660 Personen gestiegen (2019: 1.645), und hier erneut die Gesamtzahl sonstiger gewaltorientierter Islamisten (2019: 605; 2020: 680). Zu diesen Gewaltorientierten zählt unter anderem die in Hamburg sehr aktive Hizb ut-Tahrir (HuT), die mittlerweile 300 Anhänger hat (2019: 250). Eine weitere Teilmenge der Islamisten sind die 670 Salafisten, darunter 340 jihadistische (gewaltorientierte) Personen. Auch wenn deren Zahl gesunken ist (2019: 740 Salafisten, davon 384 Jihadisten), hat Hamburg nach wie vor eine vergleichsweise starke Szene. Von Entwarnung kann insofern keine Rede sein, das Bedrohungspotenzial ist nach wie vor auf hohem Niveau.

Torsten Voß, Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg: „Die massive Gefährdung der Demokratie beginnt bereits zu einem Zeitpunkt, bevor es zu Straftaten und Militanz kommt. Und genau hier setzt unsere Arbeit als Verfassungsschutz und Frühwarnsystem der Demokratie an – zum Beispiel immer dort, wo Extremisten versuchen, gesellschaftlich breit diskutierte Themen zu instrumentalisieren, Debatten und Diskurse zu beeinflussen oder Bündnisse mit Demokraten zu schließen. Dabei bleibt die Aufklärung gewaltorientierter verfassungsfeindlicher Bestrebungen eine unserer wichtigsten Aufgaben.“

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Die beispiellosen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie fördern zurzeit die Entstehung eines neuartigen Extremismus sui generis. Radikale, verfassungsfeindliche Verschwörungsideologen könnten eine ernsthafte Herausforderung für unsere Demokratie werden. Hierbei ist eines wichtig: Kritische Haltungen gegenüber Corona-Maßnahmen oder gegenüber Regierungspolitik sind kein Thema für den Verfassungsschutz, sie sind von der Meinungsfreiheit umfasst und damit Teil der Verfassungsordnung, die wir schützen. Es geht vielmehr um radikale verschwörungsideologische Gruppierungen, die demokratisch gewählte Regierungen oder Abgeordnete insgesamt ablehnen und aggressiv bekämpfen.“

Rechtsextremistische AfD-Teilstruktur „Der Flügel“

2020 wurden in Hamburg 380 Personen der rechtsextremistischen Szene zugerechnet (2019: 330). Diese Zunahme ist insbesondere auf den rechtsextremistischen „Flügel“ mit rund 40 Personen zurückzuführen. Bei der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) Rechts gab es eine Steigerung auf 544 Taten (2019: 453). Die Zahl der darin enthaltenen rechtsextremistischen Straftaten wuchs 2020 auf 411 Fälle (2019: 304). Die über die einzelnen Taten und die festgestellten Tatverdächtigen vorliegenden Erkenntnisse zeigen, dass der Anstieg der rechtsextremistischen Gewaltkriminalität in Hamburg 2020 um neun auf 34 Taten nicht auf rechtsextremistische Strukturen zurückgeht, sondern vor allem Ausdruck individueller Hassmotive ist. Naheliegend ist, dass die zunehmende Verbreitung rechtsextremistischer Narrative im politischen Diskurs solche Motive verstärkt und ihre Umsetzung in konkrete Straftaten begünstigt. Auffällig ist die in fast allen Fällen zu verzeichnende situative Tatbegehung.

Extremistische Verschwörungsideologen neu im Fokus

Bei zwei Hamburger Gruppierungen haben sich seit Ende 2020 tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen verdichtet. Der Verfassungsschutz hat festgestellt, dass sich diese Gruppierungen sowohl in ihrer Wortwahl als auch in Form gestiegener Eskalationsbereitschaft gegenüber Einsatzkräften radikalisieren. Es wird ausdrücklich zu einem Widerstand gegen den demokratischen Rechtsstaat aufgerufen, der über friedlichen Protest hinausgeht. Die Selbstinszenierung als vermeintlich verfolgte Aktivisten wird in Teilen immer wieder auch mit antisemitistischen Narrativen betrieben. Daher wird der Verfassungsschutz diese Gruppierungen als Verdachtsfälle bearbeiten.

74 Prozent der Hamburger Linksextremisten sind gewaltorientiert / Bundesweit Annäherung an die Schwelle zum Linksterrorismus

Von den 1.270 Personen der linksextremistischen Szene in Hamburg (2019: 1.290) gelten 74 Prozent als gewaltorientiert (940 Personen, wie 2019), darunter vor allem Autonome, Antiimperialisten und Anarchisten. Die Zahl der in Hamburg insgesamt erfassten Straftaten im Rahmen der PMK Links lag mit 706 Taten auf einem deutlich höheren Niveau (2019: 493). Darin enthalten sind 229 linksextremistische Straftaten (2019: 66), davon 162 linksextremistische Gewaltdelikte (2019: 15). Zahlreiche Straftaten erfolgten im Zusammenhang des Prozesses der sogenannten „Drei von der Parkbank“. Mit den Umständen zahlreicher Taten in ganz Deutschland, insbesondere auch mit Blick nach Leipzig, Berlin und Hessen, vor allem mit der Art und Weise der Tatbegehung, der Gefährdung von Leib und Leben auch Unbeteiligter sowie dem Duktus bestimmter Selbstbezichtigungen wurde bundesweit eine neue Eskalationsstufe der Radikalisierung in der linksextremistischen Szene erreicht. Die Verfassungsschutzbehörden werden diese Entwicklung mit Blick auf die Annäherung an die Schwelle zum Linksterrorismus genau im Fokus behalten.

Gruppierungen wie die gewaltorientierte „Interventionistische Linke Hamburg“ versuchen gezielt, gesellschaftlich breit akzeptierte und diskutierte Themen zu instrumentalisieren und Bündnisse mit demokratisch Engagierten zu schließen, um ihre antidemokratische Ideologie in die demokratische Mitte der Gesellschaft zu tragen.

Anzahl gewaltorientierter Islamisten steigt

Die Beobachtung und Bekämpfung des Islamismus bleibt eine der wichtigsten und herausforderndsten Aufgaben des Verfassungsschutzes. Die Gesamtzahl der Islamisten ist auf 1.660 Personen gestiegen (2019: 1.645), und hier erneut die Gesamtzahl sonstiger gewaltorientierter Islamisten (2019: 605; 2020: 680). Zu diesen Gewaltorientierten zählt unter anderem die in Hamburg sehr aktive Hizb ut-Tahrir (HuT), die mittlerweile 300 Anhänger hat (2019: 250). Eine weitere Teilmenge der Islamisten sind die 670 Salafisten, darunter 340 jihadistische (gewaltorientierte) Personen. Auch wenn deren Zahl gesunken ist (2019: 740 Salafisten, davon 384 Jihadisten), hat Hamburg nach wie vor eine vergleichsweise starke Szene. Von Entwarnung kann insofern keine Rede sein, das Bedrohungspotenzial ist nach wie vor auf hohem Niveau.

Torsten Voß, Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg: „Die massive Gefährdung der Demokratie beginnt bereits zu einem Zeitpunkt, bevor es zu Straftaten und Militanz kommt. Und genau hier setzt unsere Arbeit als Verfassungsschutz und Frühwarnsystem der Demokratie an – zum Beispiel immer dort, wo Extremisten versuchen, gesellschaftlich breit diskutierte Themen zu instrumentalisieren, Debatten und Diskurse zu beeinflussen oder Bündnisse mit Demokraten zu schließen. Dabei bleibt die Aufklärung gewaltorientierter verfassungsfeindlicher Bestrebungen eine unserer wichtigsten Aufgaben.“

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